Interview CEO

Erneuerbar und regional

Herr Scherrer, neuer Geschäftssitz, neuer Auftritt und ein dynamisches Umfeld − wie haben sich diese ­Ver­änderungen im Berichtsjahr ausgewirkt?

Die meisten Kunden und Geschäftspartner haben wahrgenommen, dass wir als Unternehmen gewillt und fähig sind, uns zu verändern. Der Neubau und der neue Auftritt sind die nach aussen sichtbaren Zeichen. Mindestens so wichtig ist die ­Bereitschaft, uns als Dienst­leister agil an das sich verändernde Umfeld anzupassen.

Sind Sie mit den Abschlusszahlen 2018 zufrieden?

Mit dem Betriebsergebnis können wir nicht zufrieden sein. Für den Rückgang sind mehrere Faktoren verantwortlich. Im operativen Geschäft haben die ­hohen Temperaturen 2018 die Nachfrage nach Strom, Gas und Wärme verringert. Gleichzeitig hat die Trocken­heit unsere eigene Produktion aus Wasserkraft reduziert. Schliesslich wurde das Ergebnis belastet durch die Kosten für den Neubau und die noch leer­stehenden Mietflächen, eine unerwartete negative Wertschriftenperfor­mance und eine Rückstellung für einen Dienstleistungsauftrag.

Ein schweizweiter Vergleich der Strompreise für Privat- und Gewerbekunden zeigt, dass Eniwa relativ hohe Stromkosten verrechnet. Warum?

Dafür gibt es hauptsächlich zwei Erklärungen: die anspruchsvolle Topo­grafie in unserem Versorgungsgebiet und das Investitionsprogramm zur Erneuerung der Mittelspannungsleitungen. Wir ­investieren jedes Jahr rund CHF 2 Mio. zusätzlich zur laufenden Erneuerung, um die veraltete Netzsubstanz mittelfristig zu ersetzen. Die Netzkosten, die wir den Verbrauchern weiterverrechnen dürfen, werden von der Regulierungsbehörde ElCom überwacht.

Theoretisch könnte Eniwa ­also ­tiefere Strompreise anbieten?

Ja, Eniwa könnte zum Beispiel das Erneuerungsprogramm ihres Mittelspannungsnetzes verzögern oder einstellen. Das wäre allerdings sehr kurzsichtig und würde sich eher früher als später durch gehäufte Stromausfälle ­rächen. Der volkswirtschaftliche Schaden ­solcher unerwarteter Ereignisse wäre ungleich höher als die programmierbaren Investitionen. Schliesslich ist auch zu berücksichtigen, dass unser Strom in der Grundversorgung zu 100 Prozent aus erneuerbarer Wasserkraft stammt, was ebenfalls zu geringen Mehrkosten führt.

Erneuerbare Energien machen zwar nahezu 100 Prozent der Eigen­produktion aus, haben aber an den gesamten Energielieferungen von Eniwa nur ­einen Anteil von rund 51 Prozent. Wie lange noch?

Unser Ziel ist es, bis 2050/60 nur noch erneuerbare Energie zu liefern und einen möglichst hohen Anteil ­regional zu produzieren. Wir erhöhen diesen Anteil sukzessive durch den Ausbau in den Bereichen Wasserkraft, Photovoltaik, Biogas, Wärmenetze usw. ­Derzeit ist nicht absehbar, ob es jemals möglich sein wird, den gesamten Energiebedarf durch regionale Quellen zu decken. Eniwa führt zur Absicherung der Energie­lieferung mehrere Produktionsbeteiligungen. Einzig bei den Wärmenetzen bestehen gute Chancen einen grossen Anteil aus ­regionaler, erneuerbarer ­Energie und Abwärme zu gewinnen.

Sie haben Investitionskosten von CHF 93,7 Mio. im Jahr 2017 und von CHF 44,1 Mio. im Jahr 2018 ausgewiesen. Wie viel hat Eniwa für 2019 budgetiert?

Das Budget 2019 liegt mit CHF 33 Mio. nochmals rund CHF 10 Mio. tiefer als im 2018. 2017 war aufgrund des Neubaus des Bürogebäudes und ­des Werkhofs bezüglich Investitionen ein Ausnahmejahr.

Das nächste grosse Investitions­projekt wird das Wasserkraftwerk Aarau sein . . .

Ja, wir rechnen bis zur geplanten ­Fertigstellung des neuen Aare-Kraftwerks im Jahr 2025 mit einem Inves­titionsvolumen von rund CHF 130 Mio. Davon wird Eniwa voraussichtlich CHF 90 Mio. bestreiten. Die restlichen CHF 40 Mio. werden als Förder­mittel des Bundes für die Fischmigration und die Grosswasserkraft beantragt.

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